Placebo und Nocebo

Deepak Chopra zählt uns in seinem Buch Creating Health acht wahre Fälle auf, die er als junger Arzt erlebte. Er wollte damit auf die Geist-Körper-Verbindung hinweisen oder den Placebo/Nocebo-Effekt, den er ausdrücklich gar nicht nennt. Es sind Fälle, die einen richtig treffen.

Vor einem Monat, als ich am Marktplatz von Sulzburg ein Bier trank (Auf dem Bergbaupfad), fiel mein Blick auf die nahe Telefonzelle mit Büchern — und ich fand Sin egen helses smid von Deepak Chopra, die Übersetzung von besagtem Creating Health. (Helse und health gehen wohl auf die Wurzel »heil« zurück.) Auf Norwegisch: Jeder ist seiner Gesundheit Schmied (natürlich eine Abwandlung des Sprichworts »Jeder ist seines Glückes Schmied«).  Ein norwegisches Buch in einem abgelegenen Ort im Südschwarzwald? Das gibt es. Touristen suchen den Ort ja auf.

Also gebe ich einfach die acht Fälle wieder (aber wir machen 2 Beiträge draus)::

Fall 1 (det første tilfellet): Mr Avery (Namen geändert), ein 42-jähriger Direktor, klagte über Brustschmerzen, die ihn seit Monaten heimsuchten. Eigentlich habe er überhaupt keine Zeit, sagte er; dann aber kam er doch in die Praxis. Im Wartezimmer wurde er unruhig und begann nach 15 Minuten, die Assistentin zu beschimpfen. Die Untersuchung ergab einen Anfall von Angina pectoris. Er möge sich im Krankenhaus untersuchen lassen, sagte man ihm. Plötzlich verlor Avery die Fassung: Das sei unmöglich, keine Zeit dafür. Er hatte Schaum vorm Mund und sein Gesicht war bleich. Dann griff er sich an die Brust, fiel zu Boden und war tot. Er hatte sich für unentbehrlich gehalten und keine Nerven mehr. Ein Krampf der Kranzarterie, die das Herz mit Blut versorgt, brachte ihn um; aber eigentlich war es seine Psyche.

Fall 2: Mr Patel, ein Inder, hatte an einer geschäftlichen Konferenz in Boston teilgenommen, als er eine Herzattacke bekam. Festgestellt wurde eine ventikuläre Fibrillation, die in manchen Fällen das Herz ausschaltet. Woher das kam, war unklar. Bei der Untersuchung äußerte Patel seine Sorge, er werde seine Krankenhausrechnung nicht zahlen können. Chopra versicherte ihm, es sei gewiss eine Versicherung abgeschlossen worden, weshalb auf ihn keine Kosten entfielen. Gleich beruhigte er sich und reiste heim. Mr Patel war und blieb symptomfrei.

Fall 3: Mr Badgett, ein 35-jähriger Anwalt, kam zum Bereitschaftsdienst mit Schmerzen in der Brust. Eine gründliche Untersuchung wies höchstens darauf hin, es könne ein muskuläres Problem sein. Das Elektrokardiogramm war normal. Deepak Chopra, der Kardiologe, wollte den Mann zur Beobachtung dabehalten. Ein nochmaliges EKG zeigte, dass er womöglich einmal einen Infarkt gehabt hatte. Badgett ärgerte sich und drohte, das Krankenhaus wegen ärztlicher Inkompetenz zu belangen. Er rief einige Leute an und beschwerte sich bei ihnen. Und wie Avery fasste er sich (nach einer Stunde des Telefonierens) an die Brust und brach tot zusammen. Ursache: eine Myokard-Ruptur. Sie kam aber wegen des erregten Zustand des Mannes über ihn.

Einschub: Das erinnerte mich an die Geschichte des berühmten Jazztrompeters Miles Davis. Bei Wikipedia stand, er sei nicht an Aids gestorben, wie man oft hört, sondern an einem Herzinfarkt, weil er sich über einen Arzt im Krankenhaus so geärgert habe. Ärger und Wut sind so lange belebend, so lange sie im Rahmen bleiben. Übermäßige Wut schlägt auf den Körper zurück.

Fall 4: Mr Casey, ein 65-jähriger Versicherungsvertreter, kam zu einer Routineuntersuchung. Da er ziemlich viel rauchte, ließ Deepak Chopra seinen Brustkorb röntgen. Ergebnis: eine Läsion im linken Lungenlappen. In einer Aufnahme, die vor 5 Jahren gemacht worden war, zeigte sich die Läsion bereits, aber kleiner. Es handelte sich wohl um fortgeschrittenen Lungenkrebs. Bei Mr Casey, der bislang beschwerdefrei gewesen war, erschienen plötzlich Symptome: Er begann zu husten, und drei Wochen später hustete er Blut und wurde kurzatmig. Einen Monat später war er tot. Anscheinend hatte sich in ihm der Gedanke herausgebildet: »Ich habe Krebs, also muss ich sterben.« Der Körper gehorchte.

Schwierig. Der Arzt kann die Diagnose ja nicht verheimlichen. Manchmal ist es besser, nichts zu wissen. Beängstigend ist es aber schon, wie rasch es dann ging; vielleicht hätten sich die Symptome auch ohne die Diagnose bald gezeigt. Ich glaube, es war auch Chopra, der von einer Frau erzählte, die unheilbar krank war, aber sich gut hielt, doch leider den Chefarzt traf, der Erstaunen darüber zeigte, dass sie noch am Leben war. Bald darauf starb sie. Die Worte der Mediziner können viel Gutes bewirken, jedoch auch viel Schaden anrichten. Denn ihnen wird unbewusst Glauben geschenkt, es sind schicksalhafte Worte.

(Übermorgen der Rest.)

 

 

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