Notizen aus der Provinz

Ich wollte mal wieder von mir schreiben, und da bot sich der obenstehende Titel an, ja, er bot sich an: Aus einer Abstellkammer des Gehirns kam er.  Notizen aus der Provinz war eine Satiresendung im Fernsehen mit Dieter Hildebrandt, die von 1973 bis 1979 lief. Dann war Schluss.

Warum war Schluss? Natürlich weil Politiker protestierten, allen voran die von der CDU. Die Herren und die paar Damen wollen Ruhe im Land und finden toll, was sie machen, — und Satire stört, weil sie egentlich ernsthaft ist und sich an Fakten orientiert. Verwirrend ist das, und Politiker sind einfache Leute. Ihrer Meinung nach sollen die Journalisten gefälligst rüberbringen, dass sie toll sind; wenn nicht, wehe ihnen! Ein Anruf beim Chef genügt, dann ist er/sie weg. (Das weiß er/sie auch.) Mittlerweile sind fast alle auf Kurs, es herrscht Ruhe im Land. Corona war der Beweis.

Anfang Juni habe ich ein Treffen mit alten Mitschülern der Journalistenschule in München. Vor 40 Jahren haben wir unseren Abschluss gemacht, in der 18. Lehrredaktion; heute gibt es schon die 62. Die Schule selber feiert ihren 75. Geburtstag, und sogar der Kanzler fliegt ein und hält in einem Münchner Theater eine Rede. Das heißt: Journalisten sind uns wichtig, Ich habe mich nicht angemeldet. Ich treffe meine alten Mitschüler und Schluss. Dann los mit dem Rad.

Vergangene Woche war meine Bucht am Rhein ziemlich gelb. So hatte ich sie noch nie gesehen. Es war ja manchmal sehr warm und es hat viel geregnet. Hübsch ist auch das alte Sofa, das jemand entsorgt hat. Da sitzt man gemütlich und schaut den (wenigen) Schiffen nach, die vorbeikommen. Übrigens ist auch die Birke vor meinem Balkon in vollem Blattwerk, und wie immer schaut mich das Auge am Stamm an und blinzelt mir zu.

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Viel bin ich im Elsass umhergefahren, weil es da so schön ruhig ist. Im Mai möchte ich wenigstens einmal erwähnen, dass das Marienmonat ist. Nächstes Wochenende, am Muttertag, will ich mit ein paar Bewohnerinnen die alten Marienlieder singen. Die alten katholischen Pfarrer beendeten jede Messe mit einem Marienlied. Das Heim hat jedoch einen evangelischen Träger. Unser Pianist erzählte mir, dass die Protestanten die Marienverehrung ablehnen, ja geradezu verabscheuen. Es gibt Pastoren, die verbieten, Marienlieder zu singen. Religionen sind voll von Verboten und Tabus. Das macht sie unsympathisch. (Unten eine Marienstatue auf dem Feld bei Rumersheim, grad über dem Rhein).

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Gestern bin ich am Nachmittag mit dem Rennrad über den Rhein gefahren und habe die schnurgerade Straße nach Breisach eingeschlagen mit schönem Tempo (aber mit Rückenwind). Die ersten 10 Kilometer mit einem 36-er Schnitt, beachtlich, dann nach 15 Kilometern der Kreisel, wo es rechts nach Breisach geht; und wieder zurück, leichter Gegenwind, am Ende in einer Stunde vielleicht 28 Kilometer geschafft. Bin also gut in Form für die Reisen ab Juni.

Und ich dachte mir: Hey, du brauchst keinen Motor, keinen Schub von außen, keine Anfeuerungsrufe und kein Preisgeld im Ziel. Du brauchst keine Religion und keinen Swami oder Pfarrer, der an dich glaubt. Alles kommt aus dir selbst, denn G*tt ist in dir, das Fahren ist wie Fliegen und diese Erfahrung selbst der Lohn, und nichts und niemand kann dich stoppen.

20240415_195826Auf der Rückfahrt bildete ich mir ein Eis ein und hielt am Rasthof am Rand der Autobahn A5 an. Draußen hörte ich vertraute Laute: Italienisch. Ein schönes Norditalienisch war es, Grüpplein standen zusammen, ein paar Langhaarige und Bärtige, sympathische Frauen, junge und ältere, und weiter hinten wartete ihr Bus von einem Unternehmer in der Nähe von Turin. Ich fasste mir ein Herz und sprach eine Frau an: Wohin sie führen? Nachhause, nach Turin, Rom, Neapel. Woher sie kämen? Aus Springen in Hessen, von Paramahansa Vishwananda. Den kannte ich nicht. Paramahansa Yogananda ist mir ein Begriff. Jedenfalls passte diese Begegnung. Spirituell Inspirierte kommen überall auf magnetische Weise zusammen.

Natürlich las ich über den Guru. Er steht einer Sekte namens Bhakti Marga vor, es wird viel über Liebe gesprochen, man singt und rezitiert Mantren. Der «gottverkörperte« Guru wurde 1978 auf Mauritius geboren. Da gibt es auch Regeln und Verbote, man hat ein Zentrum in Kirchheim errichtet und will sich natürlich ausdehnen, ist eben auch Religion, und dass viel von Liebe geredet wird und die Tradition hinduistisch ist, macht es nicht besser. Davon halten wir uns fern. Das brauchen wir nicht.

 

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