Mark Lanegan
Ich wollte den Beitrag einplanen, und es war genau 22.22 Uhr. Er musste aber am Morgen laufen, also wollte ich es so: am 22. 2. um 2.22 Uhr. Es geht um den amerikanischen Rocksänger Mark Lanegan, der am 22. Februar 2022 starb, also am 22. 2. 2022. Ihn habe ich in einer Sendung mit Anthony Bourdain gesehen und danach seine Musik angehört: schön düster, mit einem unheimlichen Sog.
Man könnte sich auf Youtube das Konzert der Mark Lanegan Band am 23. Juni 2017 in Glastonbury ansehen, 50 Minuten lang. Ein Kommentator meinte, nie solle man Lanegan am Nachmittag (wie damals) spielen lassen; zu seinen Songs gehöre die Dunkelheit. Da steht er mit Sonnenbrille und schwarzer Mütze und betet seine Texte herunter, und das klingt hypnotisch und gefährlich. (Erst hinterher las ich, dass eine Musikzeitschrift schrieb: »Wenn er seine Texte singt, klingt es, als betete er.«) Ich habe ihn abgezeichnet vom Video.
Dann gibt’s auf Youtube noch ein Konzert, eineinhalb Stunden, in Olympia (Washington) am 2. Mai 2018. Phänomenal: nur Jeff Fielders Elektrogitarre und Marke Lanegans sonore, monotone Stimme. Der Blues unserer Zeit, mit zerfetzten Rhythmen und disharmonischen Passagen, mit Schreien und Flüstern. Kommentare auf Youtube: I LUV THIS MAN. – Just Mark and that guitar blows me away. – Awesome. – Jeff Fielder is out of this world.
Lanegan wurde nie richtig bekannt, er blieb ein Geheimtipp mit eigenem Stil, den man schlecht beschreiben kann: Da ist eine geheime Spannung drin, und viele Kombinationen sind von dunkler Schönheit, das glüht auf und verliert sich (ja, vielleicht ist das mit Psychedelic und Grunge gut beschrieben), und Lanegans Stimme ist immer da, eine dunkle Präsenz. Mütze trägt er nicht immer. Verwandt ist das entfernt mit den Doors. Im November 2019 in Angers (Frankreich) trat er ganz in Schwarz auf, da war der Set sehr rockig und einfach gestrickt, und seine Stimme war sehr brüchig (aber der Sound war auch miserabel, die Gitarren deckten ihn, Lanegan, ziemlich zu).
Und das Interview von Anthony Bourdain mit ihm, als die Sendereihe Parts Unknown in Seattle spielte. 10 der 40 Minuten widmet Tony seinem Lieblingsmusiker, wegen dem er Seattle aufsuchen wollte, die Stadt des Grunge von Anfang der 1990-er Jahre. Wer wissen will, wie es damals war, sollte den 7. Kommentar unter dem obigen Link lesen, den von kevinkiso4579. Die Musikszene war klein, und alle waren auf Droge.
Lanegan wurde 1964 geboren und war von 1983 bis 2000 (ganz schön lang) Sänger der Screaming Trees. Auch den Queens of the Stone Age schloss er sich an. 2004 hatte er Erfolg mit seiner LP Bubblegum. Blues Funeral kam 2012 heraus, und er sagte dazu, er wisse, er sei »ein wenig düster veranlagt«. 2020 verfasste er seine Autobiografie über die Zeit in den 1980-er und 1990-er Jahren in Seattle mit dem Titel Sing Backwards and Weep. Einer Zeitschrift sagte er:
Anthony Bourdain war der, der mich zu diesem Buch überredete. Das Letzte, was ich wollte, war es, eine doofe Rock-Autobiografie zu schreiben, und überhaupt habe ich nie etwas in meinem Leben geschrieben, und das Gymnasium habe ich mit einem gefälschten Zeugnis verlassen. Aber Tony war ein großer Enthusiast und Förderer meiner Arbeit, und als er einen Klappentext für einen Gedichtband von mir schrieb, machte er mir klar, ich sollte ein Buch machen. Ich schickte ihm den Prolog, und er sagte: »Du packst das!« Das war’s.
2021 dann folgte noch ein Buch: Devil in a Coma über seine schwere Corona-Erkrankung.
Lanegans Tod kam überraschend. Er war mit seiner Frau nach Killarney in Irland gezogen. Sie fand ihn leblos auf dem Küchenboden vor. Es wurde keine Erklärung gegeben. Die Fans wollen ja alles über den Tod ihres Idols wissen, also entspann sich auf Reddit eine längere Diskussion. Manche Beiräger meinten, vielleicht hätte er mit seiner Frau in Los Angeles einen Drogen-Rückfall (Heroin) erlebt, und ein anderer wusste zu berichten, ein Schwarzmagier habe sich in seiner Nähe herumgetrieben und ihn verfolgt, wonach das Paar die Flucht ergriffen hätte. Sicher hatte die Covid-Erkrankung Mark Lanegans Gesundheit unterminiert. Er wurde nur 57 Jahre alt.
Π Π
Ich habe nun den idealen Anlass, Marks zu gedenken! Free Event! You’re Invited!
Ich bin für morgen eingeladen, um 10 Uhr (Ortszeit) auf den Hollywood Forever Cemetery in Los Angeles (wer weiß, wieviele Filmstars da liegen?) an einem Friedhofs-Picknick teilzunehmen, das bis 12 Uhr dauern soll. Die Leitung hat Catherine, die Death Project Managerin, und natürlich ist Amber Carvaly dabei, die Frau vom Bestatterinnen-Blog. Die hätte ich schon gern einmal kennengelernt. Aber ich halte mich ja bekanntlich derzeit in Bangkok auf. Aber sollte jemand zufällig da wohnen (Werner Herzog tut das!), sollte er gern vorbeischauen. Amber schrieb in einer Mail:
Dress Code: Tragt, was euch hilft, euch lebendig zu fühlen. Bringt eure Lieblings-Leckereien mit und eine Picknick-Decke und teilt das Essen mit euren Nachbarn. Wir treffen uns um 10 Uhr am Haupttor und gehen dann um 10.15 Uhr zur Wiese. Catherine wird eine verspiegelte Sonnenbrille und einen breiten Hut aufhaben, ich habe rote Haare und auch einen breiten Hut. Los, feiert in guter Gesellschaft das Sonnenlicht auf eurer Haut, und wir freuen uns, dass wir noch da sind; eine Weile.
Bekämpft die Dunkelheit mit Bündnisgenossen, und der Rest ist egal. Habt ein bißchen Freude dabei.
Passt auf euch auf. Seid nett. Wir lieben euch.
Ach, da wär ich wirklich gern dabei!
