Die getupften Teufelchen
Von Manfred Kyber (1880-1933) hatten wir zuletzt Das andere Ufer. Er war in Riga geboren und wurde vor allem durch Märchen mit Tieren bekannt. Auch für den Tierschutz setzte er sich ein. Bestattet ist er in Löwenstein bei Heilbronn, neben Friederike Hauffe, der »Seherin von Prevorst«. (Zu ihr fehlt noch ein Artikel; und nach Löwenstein muss ich einmal fahren!) – Heute ist Kybers Todestag. Geburtstag hatte er 9 Tage vorher, am 1. März.
Wir zitieren einige Stellen und paraphrasieren andere. Wie gewohnt sind die kursiven Passagen direkt aus Kybers Text. Das Buch lag übrigens im Regal des Supermarkts Super-U in Fessenheim im Elsass.
Die getupften Teufelchen
Es waren einmal sieben kleine Teufelchen, eines kleiner als das andere, und das kleinste war so klein, dass man es nur durch ein Vergrößerungsglas sehen konnte – mit bloßem Augen überhaupt nicht. Es versteht sich von selbst, dass die sieben kleinen Teufelchen in der Hölle wohnten und ale sieben ganz schwarz waren.
Zwar war es normal in der Hölle, doch die großen Teufel waren unangenehm, darum fanden es die Teufelchen nicht so nett in der Hölle. Sie wollten einen Ausflug machen. Also kletterten sie den Rauchfang hoch (ein großer Höllenschornstein), und einer hielt den Schwanz des anderen fest. Der Rauchfang ragte in die Wolken. Kaum waren die Teufelchen hochgekommen, kam eine Wolke vorbeigeflogen und nahm sie mit.
Die Wolke aber flog gerade auf die Himmelswiese, denn dort hatte sie einiges zu erledigen. Was, weiß ich eben nicht, und das ist auch ganz einerlei. Die kleinen Teufelchen freuten sich sehr, dass sie mitreisen durften durch die blaue Luft und den goldenen Sonnenschein, und als sie auf der Himmelswiese angekommen waren, stiegen sie alle miteinander aus und gingen spazieren. Auf der Himmelswiese aber spielten lauter kleine Englein in weißen Kleidern und mit silbernen Flügeln, und ihr könnt euch denken, dass die Englein große Augen machten, als sie plötzlich die kleinen schwarzen Teufelchen auf der Himmelswiese sahen. Den Teufelchen aber gefielen die weißen Englein über alle Maßen, und sie wollten gern mit ihnen spielen.
Die Teufelchen schilderten, wer sie waren. Sie seien sieben; die Englein sahen zwar nur sechs, da musste eine Lupe her. Weiß und Schwarz verstand sich vortrefflich.
Als aber die kleinen Teufelchen eine Weile mit den Englein gespielt hatten, bekamen sie lauter weiße Tupfen auf ihrer schwarzen Haut, und das sah sehr spaßhaft aus.
»Ihr seid ja auf einmal ganz getupft!« riefen die Englein aus und lachten.
Die kleinen Teufelchen bespiegelten sich im Himmelsblau und fanden, dass sie sehr schön geworden wären durch die weißen Tupfen.
Des Teufels Großmutter, der sie das begeistert erzählten, fand das überhaupt nicht. Als sie getsanden, sie seien auf der Himmelswiese gewesen, wurde sie mit einer riesigen Bürste abgeschrubbt. Es half nichts. Dann rieb sie die Großmama mit Ofenruß und Schuhcreme ain und polierte sie blank. Und steckte sie zur Strafe in einen Kessel. Sie schafften es aber mit vereinter Kraft, den Deckel hochzuheben, und dann kletterten sie wieder den Schirnstein hinauf. Sie baten die Wolke, sie mitzunehmen, und diese war gern dazu bereit.
Die Englein freuten sich sehr, dass die kleinen Teufelchen wieder angekommen waren … Und die sieben Teufelchen freuten sich noch mehr als die Englein, dass sie nun wieder auf der Himmelswiese waren, und sie spielten alle miteinander, und die Sonne schien auf die Himmelswiese und freute sich, dass die Englein mit den Teufelchen spielten, denn das ist etwas von der Welt, die einmal kommen soll, wenn alle wieder Kinder werden.
Die sieben kleinen Teufelchen aber bekamen immer mehr weiße Tupfen, wie man sich das ja denken kann, und schließlich wurden sie alle ganz weiß und kriegten auch wunderhübsche Flügel dazu, so dass sie richtige Englein geworden waren und ganz auf der Himmelswiese geblieben sind.
Ō Ψ Ω
Manfred Kyber merkt dann noch an, dass dies eine ganz wichtige Geschichte sei.
Denn einmal müssen die ganz großen Teufel wieder Engel werden, wenn die Welt so sein wird, wie sie einmal werden soll. Und dann müssen die müssen die großen Teufel erst wieder einmal so werden wie die kleinen getupften Teufelchen, denn ohne dass sie wieder Kinder werden, kommen die großen Teufel nicht in den Himmel.
Das nimmt Matthäus 18,2 und 19,14 auf:
Aber Jesus sagte: »Lasst die Kinder zu mir kommen. Haltet sie nicht zurück! Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich.« … Dann sagte er: »Ich versichere euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nie ins Himmelreich kommen.«
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