Träume unterwegs
Was es mit Träumen auf sich hat, wissen wir noch nicht richtig. Ich bin immer verblüfft, vor allem, wenn ich auf Reisen bin. Auch in Frankreich, wo ich mich Mitte August eine Woche aufhielt, kamen in der Nacht in meiner Traumwelt seltsame Dinge vor. Ich erinnere mich …
Ich denke zum Beispiel an eine Nacht in Österreich 2008. Am Abend zuvor hatte es lange geregnet, ich wusste nicht, ob ich am nächsten Tag weiterfahren könnte; diese Sorge sollte eigentlich zu schlechten Träumen führen. Aber nein! Ich wurde gewiegt im Traum, ich weiß es noch wie heute, ich war glücklich. Als hätte mir jemand Kraft verleihen wollen.
Diesmal war es ähnlich. Ich war in St. Jean-de-Maurienne angekommen, hatte mein Zelt aufgeschlagen und gegessen, und am nächsten Tag wollte ich gleich den Galibier fahren, den »Alpenriesen« von 2642 Metern. Ich hatte Respekt vor ihm, und am nächsten Tag fühlte ich mich wie ein Schüler, der schlecht vorbereitet ist. Auch da würde man sagen: Diese Sorge wird sich im Traum niederschlagen. Wieder nein! Jedes Mal, wenn das Wort Galibier im Traum auftauchte, erhoben sich Streicher und Chöre, das Wort war in etwas Wunderschönes eingepackt, ich fühlte mich geliebt und bestätigt. Vielleicht greift da wirklich eine andere Instanz ein und gibt mir Kraft, mein Geistführer etwa, den ich nicht kenne?
Die Nacht darauf. Mein Tagebuch sagt: »Wiederum schöne Träume. Zum ersten Mal von meinen Großvätern geträumt (von beiden) und von Lena Odenthal, deren Kompagnon eine andere Aufgabe übernahm und den sie erschrecken wollte.« Am Tag dann fuhr ich den Col du Chaussy hoch, um mich zu schonen. Der Croix du Fer war als nächstes geplant.
In der Nacht davor heißt es: »So viele verrückte Träume. (Kopf wieder gen Osten.) Ich wurde gut unterhalten.« Da es stark geregnet hatte, schlief ich mit dem Kopf nach Westen, aber dann drehte ich meinen Schlafsack um und träumte wieder schön.
Danach wollte ich – am Mittwoch dann – den Col de la Madeleine fahren und mich vielleicht schon am Donnerstag auf die Heimreise begeben, da mein Programm erledigt wäre. Doch in der Nacht auf den Mittwoch waren die Träume überraschenderweise schlecht. Ich erschrak, weil irgendetwas von rechts kam und biss mich selber, unterhalb der Zunge. Später erschrak ich nochmals und verletzte mich wieder. Nicht schlimm, aber irgendwie Stress.
Schon in der Nacht dachte ich, dass es klüger wäre, die Fahrt zum Madeleine zu verschieben. Man muss gut drauf sein, und ich hatte irgendwie Angst vor der Abfahrt, was auch an den chaotischen Träumen lag. Es sind ja auch Vorbedeutungen, die man ernst nehmen sollte. Gern tue ich das nicht, aber ich legte einen Ruhetag ein, ging ins Städtchen, legte mich an die Sonne, las in meinen Büchern. Die nächste Nacht war dann unauffällig. Ich fuhr am Donnerstag den Madeleine und ritt mutig die Straße hinunter, entspannt und mit Freude.
Ich erinnere mich an einen anderen wunderschönen Traum, in dem ich glücklich war, nur das weiß ich noch. Vor dem Einschlafen hatte ich mein Manuskript durchgelesen und hielt es für genial. Dieses Gefühl setzte sich in die Träume hinein fort. Aber dass Träume schön werden, wenn die Lage undurchsichtig ist, das bleibt festzuhalten. Ich glaube, dass aus einer anderen Dimension uns Hilfe zukommt.
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Illustrationen: oben vermutlich die Kirche von Les-Saintes-Maries-de-la-Mer; unten ein Konzert von Roger Waters.