Sahar Khalifa

Sahar Khalifeh heißt die 1941 geborene palästinensische Schriftstellerin auf Englisch, von der ich soeben Memoiren einer unrealistischen Frau gelesen habe. 1986 erschien es auf Arabisch, 1992 brachte es der Unionsverlag in Zürich heraus. Es geht um eine junge Frau, die in einer unglücklichen Ehe festhängt, wie es Frau Khalifa 13 Jahre lang erlebte.

Interessiert mich, die unterdrückte arabische Frau. Von Assia Djebar aus Algerien habe ich einiges gelesen, es gibt Literatur dazu. Die junge Frau erzählt in ihren Memoiren, wie sie ihre verloren geglaubte Jugendliebe wiedertrifft, die ihrerseits verheiratet ist und nicht daran denkt, aus Liebe seine Frau im Stich zu lassen. Das Liebesgesäusel am Ende des Buchs driftet also ins Leere. Jedenfalls ist die junge Frau irgendwie anders als ihre Geschlechtsgenossinnen und wird mit dem Etikett flatterhaft versehen. Wer sich nicht an die Regeln hält, steht schnell am Pranger. Der Druck der Gesellschaft kann stark sein, und wer sonst nichts hat, klammert sich an die Tradition und übt damit Macht aus. Das tun Männer, und viele Frauen stimmen in ihren Chor mit ein, vermutlich aus Angst und Willfährigkeit.

Frau Khalifa schrieb 2015 einen Artikel für die Zeitschrift Le Monde diplomatique, der die Geschichte der arabischen Länder in den vergangenen 50 Jahren umreißt. Gamal abd el Nasser, der ägyptische Präsident, habe die Araber begeistern können. Er stand für Freiheit und Selbstbestimmung. Er verstaatlichte den Suez-Kanal und gewann 1956 den daraus resultierenden Krieg, wurde 1967 aber im Sechstagekrieg geschlagen (ich war damals, 10 Jahre alt, für die Ägypter und wusste gar nicht wieso). Sahar Khalifa schreibt, ab den 1970er Jahren hätten Amerikaner und Europäer die Islamisten und Fundamentalisten mit hohen Summen unterstützt, weil diese gegen die ungeliebten demokratischen Bestrebungen waren.

Denn Demokratie und Selbstbestimmung hätte zur Folge gehabt, dass Nationen ihre Erdölreserven für sich reklamieren würden. Der Westen wollte das verhindern. Auch in Iran gab es eine Bewegung, sich vom Ausland unabhängig zu machen. Die Carter-Administration in den USA half dem Ayatollah Khomeini, 1979 den Schah zu stürzen. Khonmeini, de sich immer als moderat verkauft hatte, wurde aber zu einem Feind der USA — und so ging es weiter. Man hatte Schlangen an seinem Busen genährt, die später zu »Terroristen« werden sollten. Auch der demokratische Frühling des Jahres 2011 war nur von kurzer Dauer.

Wir können uns darüber kein Urteil erlauben. Doch das Internet und die sozialen Medien werden ihren Einfluss geltend machen. Der westliche Lebensstil verbreitet sich schnell, und in einigen Jahrzehnten wird, sollte die Erde das noch aushalten, der Konsumismus auch die ärmeren Länder erreichen. Die alten Männer werden sterben und mit ihnen die bösen Traditionen, die Frauen das Leben zur Hölle machen. Ein goldenes Zeitalter mit Frieden und schönen Dingen wird anbrechen.

 

Die Beiträge über Assia Djebars Werk:
Weißes Algerien, buntes Nichts
Über Algerien
Flugverkehr (67): Die drei Vogelfrauen aus Caesarea

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