Prinzhorn: online

Kunst als Ausdrucksmittel: um etwas aus sich herauszuschürfen und nach draußen zu bringen. Das ist gut für Kinder, für alte Menschen, für alle Menschen. Da mich Geisteskrankheit auch interessiert, habe ich oft (neun Mal) über die Heidelberger Sammlung Prinzhorn berichtet. Die für heute geplante Eröffnung einer Ausstellung findet nicht statt, aus bekannten Gründen. Die Sammlung gibt’s aber im Netz zu sehen.

csm_Prinzhorn_Tag_c9dd0e9f1dWie das Team der Sammlung Prinzhorn mitteilt, bleibt das Museum bis auf Weiteres geschlossen.Die Sonderausstellung sollte heißen Grenzgänger zwischen Kunst und Psychiatrie — Werke der Sammlung Kraft. Statt Eröffnung gibt es auf der Website und auf Facebook ein Videointerview mit Hartmut Kraft zu sehen. Der 1949 geborene Nervenarzt und Psychoanalytiker sammelt seit seiner Schulzeit Werke von Patienten der Psychiatrie und afrikanische Skulpturen. Angeregt dazu wurde er von dem einflussreichen Buch Bildnerei der Geisteskranken (1922) von Hans Prinzhorn, dessen Namen die Heidelberger Sammmlung trägt. Das Buch wurde 1968 neu aufgelegt, und so wirkten Prinzhorns Gedanken über die Zeit.

Da fällt mir ein, dass ich seit September 2012 nicht mehr hingekommen bin. Damals schrieb ich zum ersten Mal über das Museum und unterhielt  mich kurz mit Direktor Thomas Röske, dem ich stolz von meinem Blog erzählte, der damals vier Wochen alt war und fast 100 Abonnenten zählte. Ein halbes Jahr später waren es 1187 (wie ich in einem Prinzhorn-Beitrag erwähnte), und jetzt, siebeneinhalb Jahre später, sind es 490.000. Man wurde verlinkt, das Internet hat sich ausgeweitet, und manipogo ist natürlich eine gute Adresse für Individualisten.

Da das Museum behördlichen Anordnungen folgend geschlossen ist, stellt es jeden Montag auf seiner Seite ein Werk oder einen Künstler oder eine csm_Grebing_Josef_Heinrich_624_58_fol01_f1b60ad157Künstlerin vor. So kann man virtuell die Ausstellung besuchen und etwas dabei lernen. Der vierte (und letzte Beitrag) beschäftigt sich mit dem ehemaligen Kaufmann Josef Heinrich Grebing (1879-1940), der in der Psychiatrie Wiesloch einen 16-seitigen Aufsatz schrieb betitelt mit Das Closettpapier. Der Autor blickt auf die Geschichte zurück und berechnet sogar den Verbrauch der (damaligen) 60 Millionen Deutschen, und das Museum kommentiert:

Die unglaubliche Nachfrage nach Klopapier während des ersten Lockdown hätte sich Grebing aber ohnehin selbst in seinen tollkühnsten Träumen kaum vorstellen können.

Ein neuer Sammlungsführer sollte vorliegen, der bestellt werden kann. Ein Besuch in der Prinzhorn-Sammlung in der Heidelberger Universitätsklinik (Voßstraße 2) ist immer schön und sollte bald wieder möglich sein.

 

Weitere Artikel über die Sammlung Prinzhorn (Auszug):
Das Team als Kurator
Geistesfrische durch Geisteskranke
Unruhe und Architektur
Das Wunder in der Schuheinlegesohle

(mit weiteren Links am Ende des Artikels)

Illustrationen der Homepage des Museums entnommen.

 

 

 

 

 

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