Träume im Islam

Vor einiger Zeit (ich schätze: vor einem Jahr) brachte ich ein großformatiges arabisches Buch mit ins Heim, das mir in Landsberg einst Antiquar Konrad Federl geschenkt hatte. Mein syrischer Kollege schaute es an und meinte nur: »Da geht es um Träume.« Mehr braucht man nicht zu wissen. Ich studierte dann Literatur darüber und fand meine Aufzeichnungen.

2022-10-24-0001Literatur studieren heißt: Ich las einen Aufsatz, der 1997 von dem Gelehrten Imran N. Hosein verfasst wurde und Ein Fenster zur Wahrheit und zum Herzen heißt, und darüber steht: Träume im Islam. Gibt’s im Internet. Hätte ihn gern nochmals konsultiert, doch es sind 100 Seiten. Begnügen wir uns also mit dem, was ich mir aufskizziert hatte. (Links das erwähnte arabische Buch; bei uns ist es die Rückseite, denn arabische Bücher beginnt man hinten und blättert jeweils nach rechts um: logisch)

Es herrsche Unwissen darüber, dass im Islam Träume einen hohen Stellenwert hätten, schreibt der Autor; auch er sei unwissend gewesen, bis ihn Satan zehn Jahre lang im Traum verfolgt habe. Hosein hatte also Alpträume, die shajtaani genannt werden, weil sie von Satan kommen, während gute und wahre Träume (rahmaani) von Allah herstammen, und dann gibt es noch die Träume aus deinem Selbst (nafsaani). Den Ungläubigen versiegelt der Allmächtige die Herzen, verschließt ihnen die Ohren und zieht einen Schleier vor ihre Augen, weshalb sie nichts sehen. Dabei wäre es so wichtig, bei Träumen genau hinzusehen, rät der Autor.

2020-12-02-0004Dann schreibt er über Träume im Koran, ohne den nichts geschrieben werden kann. Die weltliche Literatur in arabischen Ländern ist dünn; es gibt eigentlich nur den Koran und Versionen davon. Die Träume Josephs werden erwähnt, wie sie im Koran auftauchen: Joseph wurde ja von seinen Brüdern verstoßen, gelangte nach Ägypten und dort zu Ansehen und nicht zuletzt deshalb,  weil er propetische Träume hatte — etwa den von den sieben mageren und den sieben fetten Kühen, die er als gute und schlechte Phase interpretierte und daher riet, für sieben Dürrejahre Vorsorge zu treffen.

derseherEin Wahrtraum sei eine traszendentale Erfahrung, und al-ghaib ist die jenseitige Dimension. Die materielle Form nennt man al-zahir, die spirituelle Substanz al-haqiqa. Träume seien, meint Imran N. Hosein, das beste und am leichtesten verfügbare Vehikel, um etwas aus der Geistigen Welt zu erfahren. Geschehnisse existierten vor ihrer Verwirklichung. Der ursprüngliche Befehl Es sei! überwinde mehrere Stufen, bis er sich aktuell verwirkliche. Wenn der Träumer schon davor schon davon erfahre, habe ihm der  Traumengel Siddiqun die Information zugetragen.

Vor dem Schlafengehen solle man die Suren 113 und 114 des Korans beten, die letzte und die allerletzte, die nur je fünf Sätze umfassen. Sure 113 beginnt mit den Worten:

Sag: Ich suche Zuflucht
Beim Herrn des Morgengrauens

Das soll helfen, gute Träume zu bekommen. Und dann kann man am Morgen ausrufen: khair in shaa Allah! Ich hatte einen Traum, der mir geschenkt wurde.

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In Singapur hielt Imran N. Hosein 1991 ein Seminar über Träume im Islam ab, und am Ende wollte ihn ein junger Mann privat sprechen. Er sei vor vier Wochen in Mekka gewesen, berichtete er, und kürzlich habe er vom Propheten (der Friede sei mit ihm, ergänzen alle Autoren, wenn er genannt wird) geträumt. Er sei bei ihm eingetreten, habe aber nicht das Wort an ihn gerichtet, und von ihm sei ein himmlischer Duft ausgegangen. Nach dem Aufwachen habe er den überirdischen Duft indessen immer noch gerochen; Stunden blieb er in seinen Räumen.

Dazu müssen wir den letzten Satz von Traumleben (2) lesen und dann Unter dem Garten folgen lassen.

 

 

 

 

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