„Ich lachte!“
Noch einmal Oskar Maria Graf. 1914 war er 20 Jahre alt, es kam zur Mobilmachung, und man wollte den Graf als Soldaten haben, der von sich sagte: »Ich war nicht nur ein schlechter, ich war überhaupt kein Soldat!« Wie könnte er dem Zwang und dieser Sinnlosigkeit entrinnen? Da kam ihm ein Einfall …
Das zitieren wir:
Nämlich, was mir auch zustieß, welchen Befehl ich auch bekam — ich lachte. Ich lachte aus vollem Halse und wurde dafür von den Unteroffizieren und Sergeanten schikaniert und eingesperrt, aber es half nichts — ich lachte. (…)
Jedenfalls plärrten eines Tages alle Unteroffiziere: »Er ist nicht normal! Er ist irrsinnig! Er gehört in eine Anstalt!«, und der Unteroffizier fauchte mich giftig an: »Du Trottel! Du Idiot! Du Mistfink! Beim ersten Transport schicken wir dich an die Front! Das ist die passende Strafe für dich!«
Graf erwiderte, das sei eine Ehre für ihn. Im Feld konnte er dann weder exerzieren noch schießen. Der Major sagte nach vierzehn Tagen, er sei ein Irrenhäusler und der »Schandfleck der ganzen Armee«. Graf:
Es regnete auch hier wieder Arreststrafen und Schikanen, doch es prallte alles an meiner unverblüffbaren, geradezu knatternden Lustigkeit ab. Nach und nach merkte ich erst, was für eine erstaunliche Waffe mein Gelächter war, und ich wandte sie bei jeder Gelegenheit mit fast schwindelerregender Sicherheit an. Mir war nicht mehr beizukommen.
Bald bekam der Nicht-Soldat eine Durchfallerkrankung und wurde auf die Krankenstation geschickt. Sein Nachbar im Bett meinte: »Mensch, du bist närrisch!« Die Antwort:
»Närrisch? Nein … Närrisch ist bloß der Krieg.«
Die beiden hauen ab und tauchen in der Stadt unter. Oskar Maria Graf hält dem Freund eine Rede, in der er sagt:
Das Schreckliche ist doch, dass sich eben immer Menschen hergegeben haben zum Soldatenmachen … das Volk, ich seh’s immer wieder und immer deutlicher, das Volk, das sind die Schwachen, das sind die, die misstrauisch sind, wenn man ihnen die Ohren vollredet von Frieden und Gerechtigkeit — das Volk ist wirklich wie meine Mutter daheim! … Die hat sich den Glauben an die Menschen abgewöhnt und, naja, da glaubt sie eben bloß mehr an den Herrgott …
Warum er sich in der Kaserne so mutig quergestellt habe?
»Tja«, sagte ich, »wenn’s nicht pathetisch klingen tät‘, möcht‘ ich fast sagen, weil ich einfach fürs Leben war und nicht für den Tod!«
Links dazu (mit dem Suchwort Soldat):
Der Soldat — Ganz normale Männer — So litten die Menschen — Der Kanal — Die Kunst des Krieges