Fragen der Toten (2): Was macht ihr?
Ein kurzer, schneller Beitrag. Eine Ärztin erzählte mir unlängst zwei sonderbare Geschichten, die sie während des Medizinstudiums erlebt hatte: Verstorbene wandten sich in Träumen an sie, und zufrieden waren sie nicht. Es ging um Begebenheiten bei Obduktionen oder bei der Arbeit an Körpern. Man könnte sich vorstellen, dass auch andere Studenten so etwas erleben, es aber für sich behalten.
Ich erzähle das nur, weil es seltsam ist. Normalerweise verlassen die Menschen im Tod ihren Körper, und fast alle bekunden, dass sie das »Ding dort unten« nicht mehr übermäßig interessierte. Sie hatten ihren Körper zurückgelassen, waren wie eine Rakete aus ihm ausgetreten und als feinstoffliche Geistwesen unterwegs. — Hören wir uns als Kontrast dazu die beiden Erlebnisse an.
Die Frau sollte in ihrem Studium vor 20 Jahren in der Pathologie das Präparieren lernen, und dazu war ihr eine weibliche Leiche zugeteilt worden. Sie sollte den Oberschenkel öffnen und hinuntergehen zum Muskel und Knochen. Doch die Tote war ziemlich beleibt gewesen, die Studentin kratzte und schnitt und kam kaum in die Tiefe. Sie dachte sich: ›So viel angesammeltes Fett, ja gibt es das!‹ — In der Nacht, erzählte sie, sei ihr eine Frau erschienen und habe empört gewirkt. »Wie kannst du sagen, dass ich fett war!« regte sie sich auf.
Einmal betätigte sich ein anderes Team neben ihr einem Leichnam, und ein Kommilitione legte achtlos ein Bein der Leiche weit weg, damit sie Zugang zu den Geschlechtsteilen hätten. (In der Pathologie werden die Leichen normalerweise mit Respekt behandelt und nicht wie Dinge. Das hat eine lange Tradition.)
— In der Nacht träumte unsere Berichterstatterin, die ja direkt nichts mit dem Fall zu tun gehabt hatte, ein Mann sei ihr in Traum erschienen und habe geschimpft: »Wie könnt ihr an meinen Geschlechtsorganen rummachen?«
Eigenartig. Die Erzählerin ist wohl medial begabt, sonst wären die Botschaften nicht angekommen. Der Mann wandte sich an sie, weil sie einen offenen Kanal darstellte.
Wir erinnern uns noch an Khandi Alexander, die in CSI einige Jahre die Pathologin verkörperte, die zärtlich mit den Opfern spricht. Vielleicht kam doch, wenn sie zuzuhören verstand, eine Nachricht zurück. Die beiden genannten Fälle legen nahe, dass es Verstorbene gibt, die durchaus noch in der Nähe ihres abgelegten Körpers herumlungern oder aber nicht richtig begriffen haben, dass sie tot sind. Sie haben sich noch nicht ganz abgekapselt und sehen nun verärgert, wie da tölpelhaft an »ihren« Körpern herumgeschnitten wird.
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