Gespräche mit Leuko

Der italienische Dichter Cesare Pavese, der bei manipogo schon öfter vorkam, hatte, als er starb, das Buch Gespräche mit Leuko neben sich liegen. Es scheint ihm wichtig gewesen zu sein. Es geht um die griechische Antike, die Themen sind die Zeit, der Tod, der Name, die Unsterblichkeit. Am besten reihe ich Zitate aus dem Buch aneinander. Wir kennen die alten Griechen nicht mehr so gut, um die Personen identifizieren zu können. Wir erinnern uns aber an den Seher Teiresias, der in eine Frau verwandelt wurde, weil er Schlangen beim Kopulieren zusah. Und an den Reisenden Odysseus, der mit Kirke (Circe) und Kalypso verkehrte, an den Dichter Orpheus, der seine Eurydike aus der Unterwelt holen wollte; an die griechische Dichterin Sappho, an ihren Kollegen Hesiod, und Mnemosyne ist die Göttin der Erinnerung.  Achilles war ein großer Held, und Prometheus wurde dafür bestraft, dass er den Menschen das Feuer schenkte. Jason unternahm eine Expedition zum Goldenen Vlies und gewann das Herz von Medea, aber das Ende war schlimm (er hatte sich neu verliebt).

Prometheus: Der Tod kam in diese Welt mit den Göttern. Ihr Sterblichen fürchtet den Tod, weil ihr, was die Götter betrifft, von ihrer Unsterblichkeit wisst. Aber jeder hat den Tod, den er verdient. Auch sie werden enden. … Wenn sich die Sterblichen nicht mehr vor ihnen fürchten, werden die Götter verschwinden.  … Ihr Sterblichen — oder Unsterblichen, das besagt nichts.

Teiresias: Mir ist es, als lebte ich außerhalb der Zeit, als hätte ich immer gelebt, und den Tagen glaube ich nicht mehr. – Das, was man tötet, das wird man, Leleger.

Sappho: Ich wusste nicht, dass es so würde. Ich glaubte, dass mit dem letzten Sprung alles ende.

Britomaris: Also bejahst du das Schicksal?
S.: Ich bejahe es nicht, ich bin es. Niemand bejaht es.

Achilleus: Denn als Knabe tötet man wohl, weiß aber nicht, was der Tod ist. Dann kommt der Tag, an dem man plötzlich begreift, im Tod drinnen ist, und von dann ab ist man ein tauglicher Mann. … Und wer sich nicht fürchtet vor dem Tod, ist kein guter Krieger.

Überlass es den Göttern, »morgen« zu sagen. Einzig für sie wird das, was war, wieder sein.

Nur die Götter kennen das Schicksal und leben.

Bettler: Betteln oder herrschen, was soll’s? Wir haben beide gelebt. Das Übrige überlass den Göttern.

Der Tod ist wie der Schatten, der die Wolke begleitet.

Orpheus: Was gewesen ist, wird wieder sein. … Ich habe mich selber gesucht. Man sucht nichts als sich selber.

Kalypso: Unsterblich ist, wer den Augenblick annimmt. Wer kein Morgen mehr kennt. … Wir sagen, ich bin unsterblich. Doch wenn du nicht auf deine Erinnerungen und Träume verzichtest und deine Besessenheit aufgibst und den Horizont nicht anerkennst, dann trittst du nie aus jenem Schicksal, das dir bekannt ist.

Zu sterben erhoffe ich nicht. Erhoffe auch nicht zu leben. Ich nehme den Augenblick an.

Odysseus: Was ich suche, das habe ich im Herzen. Wie du. Ich suchte, als ich wehklagte, nicht mehr sie, sondern mich selbst.

Kirke: Du weißt nicht, wie sehr der Tod sie anzieht. Zu sterben ist somit ein Schicksal für sie, eine Wiederholung, etwas Gewusstes, doch sie täuschen sich vor, dass es etwas verwandle.

Jason: Man entsinnt sich gern derer, die jung sind. Und die Götter, sind sie nicht jung? Darum denken wir alle an sie und sind neidisch auf sie.

Wir fuhren ab aus Jolkos, alle waren wir jung und hatten die Götter mit uns. … Wir waren wie Götter, Melita.

Hesiod: Mein menschlicher Name, Melete, ist nichts. Doch du, wie willst du benannt sein? Ein jedes Mal ist das Wort, das dich anruft, verschieden. Du bist wie eine Mutter, deren Name sich in die Jahre verliert.

Mnemosyne: Und Namen habe ich viele. Ich werde, einmal hinabgestiegen, noch andere haben … Aglaja, Hegamone, Phaenna, je nach den Launen der Orte …

Begreifst du denn nicht, … dass dich das Heilige und Göttliche begleitet, im Bett, auf dem Feld, vor der Flamme? Jede eurer Gebärden wiederholt ein göttliches Vorbild. Weder bei Tag noch bei Nacht habt ihr einen Nu, nicht einmal den flüchtigsten, dem nicht die Stille des Ursprungs entströmte.

Dazu:

Prometheus – Gespräche in Sizilien

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