Wohltätige Macht

»Wohltätig ist des Feuers Macht« schreibt Friedrich Schiller in seinem Lied von der Glocke, und dann erläutert er ergänzend: »Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.« Das Feuer gibt uns die Gelegenheit, mal wieder zu den Klassikern zurückzugehen. Schiller beschreibt zu Beginn, wie die Glocke werden soll; das Feuer dann ist nur eine Vorstellung: So könnte es schlimmstenfalls sein. Diese Gefahr steckt drin im Glockenguss.

Nach der Schilderung der Feuersgluten hält der Dichter inne und fährt fort: »In die Erd’ ist’s aufgenommen, / Glücklich ist die Form gefüllt.« Unser Auszug besteht aus 62 Zeilen, und danach geht es noch 200 Zeilen fort; das ganze Gedicht hat 425.

Wohltätig ist des Feuers Macht,
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht,
Und was er bildet, was er schafft,
Das dankt er dieser Himmelskraft;
Doch furchtbar wird die Himmelskraft,
Wenn sie der Fessel sich entrafft,
Einhertritt auf der eignen Spur,
Die freie Tochter der Natur.
Wehe, wenn sie losgelassen,
Wachsend ohne Widerstand,
Durch die volkbelebten Gassen
Wälzt den ungeheuren Brand!
Denn die Elemente hassen
Das Gebild der Menschenhand.
Aus der Wolke
Quillt der Segen,
Strömt der Regen;
Aus der Wolke, ohne Wahl,
Zuckt der Strahl.
Hört ihr’s wimmern hoch vom Turm?
Das ist Sturm!
Rot, wie Blut,
Ist der Himmel;
Das ist nicht des Tages Glut!
Welch Getümmel
Straßen auf!
Dampf wallt auf!
Flackernd steigt die Feuersäule,
Durch der Straße lange Zeile
Wächst es fort mit Windeseile;
Kochend, wie aus Ofens Rachen,
Glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Tiere wimmern
Unter Trümmern;
Alles rennet, rettet, flüchtet,
Taghell ist die Nacht gelichtet;
Durch der Hände lange Kette
Um die Wette
Fliegt der Eimer; hoch im Bogen
Spritzen Quellen Wasserwogen.
Heulend kommt der Sturm geflogen,
Der die Flamme brausend sucht;
Prasselnd in die dürre Frucht
Fällt sie, in des Speichers Räume,
In der Sparren dürre Bäume,
Und als wollte sie im Wehen
Mit sich fort der Erde Wucht
Reißen in gewalt’ger Flucht,
Wächst sie in des Himmels Höhen
Riesengroß!
Hoffnungslos
Weicht der Mensch der Götterstärke,
Müßig sieht er seine Werke
Und bewundernd untergehn.

Leergebrannt
Ist die Stätte,
Wilder Stürme rauhes Bette.
In den öden Fensterhöhlen
Wohnt das Grauen,
Und des Himmels Wolken schauen
Hoch hinein.

Einen Blick
Nach dem Grabe
Seiner Habe
Sendet noch der Mensch zurück –
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe.
Was Feuers Wut ihm auch geraubt,
Ein süßer Trost ist ihm geblieben,
Er zählt die Häupter seiner Lieben,
 Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt.

 

Als Links drei Glockengeschichten:

Die glückbringende GlockeGlockengeschichtenDie Glocken von Schloss Holligen

∀ Λ

Noch eine persönliche Anmerkung:

Gestern musste ich mich von meinem Volvo V40 trennen. Nach 20 Jahren. Am Ende des Beitrags Alte Volvos (28.10.24) hatte ich es angedeutet. Das ist der Weg alles Irdischen. Und eigentlich bin ich ja Radfahrer, und als Autofahrer war und bin ich immer ein »Auto fahrender Radfahrer«.

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.