Mann und Frau. Zwei Fahrräder. Paris

An dem Tag, an dem der Beitrag über den Film Harragas von Merzak Allouache bei manipogo »auf Sendung« ging, wollte ich mir von diesem algerischen Regisseur einen weiteren Film anschauen. Ich fing mit L’homme qui regardait les fenêtres an (1985), der war aber langweilig; dann sah ich, dass Allouache 2001 den Film À bicyclette (Auf dem Fahrrad) gedreht hatte. Voilà! Au travail! (An die Arbeit.)

Schön wäre es gewesen, wenn der Film auf Youtube vorgelegen hätte. Zu schön wäre das gewesen! Doch nicht einmal der Trailer, nicht ein einziger Ausschnitt ist zu sehen. Es war ja ein Film fürs Fernsehen, davon macht man keinen Trailer. Ausgestrahlt wurde À bicyclette am 31. Januar 2001 von France 2, dem zweiten Programm des französischen Fernsehens. Ich fand auf einer Kinoseite ein paar Informationen und etwas zum Inhalt:

Paris wird durch einen Transportstreik in den Ausnahmezustand versetzt. Im Getümmel treffen sich, beide fahrradfahrend, Patrice (Bruno Todeschini) und Anne (Élise Tielrooy).

Das Plakat zum Film ist sehr schön. Anne hat kurze rostrote Haare (und einen sensationellen knallroten Mantel an), strahlt in die Kamera und überglänzt alles, während Patrice sie von der Seite bewundert und fast mit dem Schatten verschmilzt. Männer sind allzu selten schön oder faszinierend. Ohne die Frauen wäre die Welt ein Trauerspiel. Élise ist unschlagbar. Leider hat das Bild ein unbekanntes Format, und unsere beiden roten Radfahrer (links Elena, rechts ich) sind ein schwacher Ersatz. (Dazu etwas typisch Französisches: ein Chanson, gesungen von Davine. Charmant.)

Ich dachte mir schon: Erfinden wir doch die Handlung! Aber eigentlich hatte ich keine Lust dazu. Ich freue mich zwar an den Einfällen der Drehbuchautoren, finde sonst jedoch, dass das Leben am kreativsten ist; wozu etwas erfinden? Und die ewige Geschichte von zweien, die sich kennenlernen … À bicyclette ist aber so eine Geschichte. Spielt ja in Frankreich, le pays de l’amour (das Land der Liebe)

Und Merzak Allouache lebt seit langem in Frankreich. Er dreht jedes Jahr einen Film und bekannte vor 10 Jahren in einem Interview, er sei frustriert darüber, dass seine Filme in der arabischen Welt nicht zu sehen seien. Als er in Algerien arbeitete, brauchte er stets eine Drehgenehmigung vom Ministerium, und die vervielfältigte er 200 Mal, denn bei jedem Dreh tauchte ein Polizist auf und schnauzte sie an, ob sie die Erlaubnis dazu hätten … Mühevoll.

Soeben klärte sich alles. Die französische Wikipedia erzählt uns die Handlung und bricht dann ab, wenn es spannend wird. Das darf ich also wiedergeben. Also:

Im Winter 1995 lähmt ein Generalstreik seit 7 Tagen die französische Hauptstadt. Anne fährt, eingehüllt in einen roten Mantel, zur Arbeit im Postamt. Patrice trägt eine Gasmaske und ist unterwegs in seine Reinigung. An einer roten Ampel treffen sie sich und lächeln sich an. Als es wieder losgeht, reißt an Annes Fahrrad die Kette. Patrice repariert sie. In ihrem Lieblingsbistro trinken sie dann einen Kaffee.

Dann las ich:  Entre les deux, le courant passe… Das kann nur heißen: Zwischen den beiden funkt es (wörtlich: Zwischen den beiden fließt der Strom. Oder die Strömung.) Am nächsten Tag will er seine schöne Unbekannte wiedersehen. Sie sitzt an der Theke. Ihr Team streikt ohnedies. Patrice begleitet sie, in einer Wäscherei umarmen sie sich leidenschaftlich und nehmen ein Zimmer in der Pension oberhalb. Am nächsten Tag leiht Anne ihrem Kollegen Fabrice den Wohnungsschlüssel, weil sie vielleicht noch eine Nacht (oder mehrere Nächte) mit Patrice verbringen wird. In der Wohnung stößt Fabrice auf Gérard, Annes Ehemann, der vor 6 Monaten in den Tropen angeblich spurlos verschwand …

Ja, die drei Pünktchen … Das haben die 3 Drehbuchautoren schön erfunden. Jetzt können wir uns überlegen, wie es weitergeht und wie es endet. Angefangen aber hat es mit dem Fahrrad, weil man sich da nahe ist und doch nicht zu nahe. Man kann sich näherkommen oder davonfahren. Vive la bicyclette!

 

Verwandte Beiträge: zu viele. Bitte die Kategorie Fahrrad aufrufen, da sind 240 Beiträge drin. Einen möchte ich hervorheben, weil auch ein Regisseur aus dem Oreient ihn gemacht hat: Bicycleran, sieben Tage im Kreis.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.