Flugverkehr (180): Paula fliegt
Das Buch Paula von Isabel Allende ist vor 30 Jahren erschienen. Allendes Tochter Paula erkrankte an einem seltenen Leiden, wurde falsch behandelt und starb mit 30 Jahren in einer Klinik am 6. Dezember 1992. Ihr Mutter saß an ihrem Sterbebett und schildert in dem Roman, was sie vermutlich selbst erlebte: auf den letzten Zeilen dieses Buchs, in dem sie der Tochter ihr Leben erzählte.
Sie schrieb:
Die Stimmen flüsterten nur noch, die Formen der Gegenstände und die Gesichter der Familie begannen zu verschwimmen, die Umrisse mischten sich und verschmolzen, und plötzlich merkte ich, dass wir nicht länger alleine waren …
Und dann treten sie alle auf, die in Paulas Leben von Belang waren, und zuletzt sieht ihre Mutter sie, wie sie eine weiße Tunika trägt und offen ihr Haar. Doch sie ist kaum zu halten, Paula wirkt entschlossen.
Sie begann aufzusteigen und ich stieg mit ihr, am Stoff ihres Kleides hängend.
An der Hand der Tochter geht es höher. Das Dach öffnet sich, und sie schwingen sich gemeinsam hindurch.
Draußen graute der Morgen, der Himmel war von goldenen Pinselstrichen gefärbt, und die Landschaft, die sich unter uns erstreckte, glänzte vom Regen frisch gewaschen. Wir flogen über Täler und Hügel und ließen uns endlich in den Wald der uralten Mammutbäume hinab, wo der sanfte Wind die Zweige bewegte und ein wagemutiger Vogel mit seinem einsamen Gesang dem Winter spottete. Paula deutete auf den Bach, ich sah frische Rosen an seinem Ufer liegen und ein weißes Pulver von kalzinierten Knochen auf seinem Grund, und ich hörte Musik von Tausenden Stimmen, ein leises Summen zwischen den Bäumen. Ich fühlte, dass ich in das kühle Wasser tauchte und wusste, dass die Reise durch den Schmerz in einer absoluten Leere endete.
Als ich mich auflöste, wurde mir die Offenbarung zuteil, dass diese Leere voll ist von allem, was das Universum enthält. Es ist nichts und ist gleichzeitig alles. Feierliches Licht und undurchdringliches Dunkel. Ich bin die Leere, ich bin alles, was existiert, ich bin in jedem Blatt des Waldes, in jedem Tautropfen, in jedem Aschestäubchen, das der Rauch fortträgt, ich bin Paula und ich bin auch ich selbst, ich bin nichts und alles übrige in diesem Leben und in anderen Leben, unsterblich.
Leb wohl, Paula, meine Tochter.
Sei gegrüßt, Paula, Geist.
∅ ∅
Genau so haben das unsere TestpilotInnen geschildert. Die Isolation der Einzelmenschen ist Illusion, wir sind eine einzige Familie, und die Schöpferkraft glüht in uns. Das ist die höhere Wahrheit, das ist das Gesamtbild. Niemand geht verloren, jeder ist alles. Paula hat ihre Mutter mitgenommen, sie hatten eine gemeinsame Nahtod-Erfahrung (shared death experience), und denken wir an die Licht-Artikel vom Oktober und die scheinbare Leere von Ain Soph und Nirwana und an das ewige Leben.
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