Der Hass im Netz und überhaupt
Das Internet war zu Beginn etwas sehr Schönes. Man konnte kreativ sein und machte viele Entdeckungen. Wer hätte sich träumen lassen, dass es 30 Jahre nach seiner Einführung eine professionelle internationale Laufplatttform werden würde und dass Millionen Menschen täglich schreieben, lesen, sich unterhalten und aufregen würden? Pausenlos wird kommuniziert, aber darauf fallen viele Schatten. Warum manchmal Hass im Internet? Warum überhaupt Hass? Dazu eine Aussage von Anamika, einem Medium, dessen Vortrag ich heute hörte:
Ich hörte nette Menschen sagen: Den würde ich am liebsten umbringen! Gewaltbereitschaft ist in uns allen, doch wenn du das weißt, kannst du sie ausbalancieren. Was du dort draußen siehst, ist ein Reflex von etwas in dir.
In der Psychologie heißt das Projektion. Ich projiziere etwas auf einen anderen Menschen. Was mich an ihm stört, stimmt in mir nicht; es weckt in mir Emotionen, was ist mein Problem? Wie gesagt wirken oft Neid und Eifersucht mit, wenn man andere angreift. Ich fühle mich zu kurz gekommen, zu wenig geliebt, und diese(r) andere hat das alles, sie stört mich, ich würde sie am liebsten weghaben.
Ja, wer hasst, liebt sich oft selber nicht und lässt das andere spüren. Mein Vater sagte manchmal über einen Menschen: »Der mog si selber net.«
Im Extremfall tötet jemand, der voller Hass ist, andere Menschen. Es gab viele Bluttaten. Vergangenen Silvester fuhr ein Mann in New Orleans 13 Menschen tot, und nun, Anfang November, verletzte ein Mann in einem Zug nach London 10 Menschen mit dem Messer schwer. Er stach wahllos auf andere ein.In Mailand rammte ein Mann am Morgen um 9 Uhr eine Frau ein Messer in den Leib, einfach so. Was ist da los?
Dann schreiben die Medien scheinbar erleichtert, es gebe keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund. Als ob die Tat dadurch weniger schlimm wäre. Gerade die fehlende Motivation müsste uns Sorgen machen. Gibt es da tatsächlich Menschen unter uns, die so voller Hass sind, dass sie irgendwann losschlagen und Unbeteiligte aus dem Weg räumen wollen?
Wochen oder Monate nach einem Amoklauf oder einer schlimmen unmotivierten Bluttat sucht man vergebens nach weiteren Informationen. Man würde zu gern wissen, was die Täter sagten, was sie antrieb. Nichts darüber. Herrscht derzeit eine aggressive Stimmung in unserer Welt? Sind die Medien schuld? Warum steckt in vielen Menschen so viel unterdrückte Wut?
US-Präsident Donald Trump ist ein großer Hasser. Die Welt kreist nach seiner Meinung um ihn; wer ihm schaden wollte, verfällt der Rache. Überall sieht er Gegner, die er in die Knie zwingen will. Venezuela, Nigeria, Kanada, Grönland, die Schwarzen, die »Queeren«, die Frauen … er sieht überall nur Feinde und überzieht sie mit seiner Wut. Seine Anhänger machen mit. Die angeblich illegalen Emigranten sollen mit größter Härte aus dem Land befördert werden, erklärt er. Doch blutgierige Einzelgänger gab es schon vor Trump.
Doch dann gibt es auch Kampagnen und Shitstorms im Netz. Der Mensch ist beeinflussbar. Einer fängt an, ein zweiter hängt sich an, es kostet ja nichts, und bald wird eine Welle ausgelöst. Die Agitatoren meinenm, gute Gründe zu haben, sie fühlen sich moralisch überlegen und finden es richtig, jemanden mit drastischen Worten zurechtzuweisen: das pharisäerhafte »Ich bin besser als du« kommt da zum Tragen, der Schwache und Dumme spielt sich auf und fühlt sich danach gleich besser, geradezu erhaben. Doch angegriffen werden Menschen, die nicht alle in der Lage sind, ihr Gerät auszuschalten und die Attacken an sich vorbeigleiten zu lassen. Da werden Menschen mit Worten vergiftet und vernichtet.
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