Harry Heine (7)

Es müssen mal wieder ein paar Gedichte von Heinrich Heine sein, sonst kommt hier der Humor zu kurz. Warum nehmen wir uns und unsere Themen so ernst? Wenigstens hatte manipogo eine Serie mit Witzen, und wenn etwas Komisches auftaucht, erkennen wir das schon. Damals während der Romantik, als Heine lebte (1797-1856), war Mann oft unglücklich verliebt, litt und ließ es alle wissen, und Harry wurde das zuviel: Er ging es spöttisch und ironisch an, und das macht Spaß.

Unten die Zahlen, als Überschrift verwendet, weisen darauf hin, dass die Gedichte Sammlungen entnommen sind. Nummer 7 über die blauen Augen entstammt etwa dem Zyklus Neuer Frühling, die Nummer 69 ist aus Die Heimkehr (1823-1824, aus 88 kleinen Gedichten bestehend), und die 7 gehört zu Der Tannhäuser.

Die Fensterschau

DSCN4305Der bleiche Heinrich ging vorbei,
Schön Hedwig lag am Fenster,
Sie sprach halblaut: »Gott steh‘ mir bei,
Der unten schaut bleich wie Gespenster!«

Der unten erhub sein Aug‘ in die Höh‘,
Hinschmachtend nach Hedewigs Fenster.
Schön Hedwig ergriff es wie Liebesweh,
Auch sie ward bleich wie Gespenster.

Schön Hedwig stand nun mit Liebesharm
Tagtäglich lauernd am Fenster,
Bald aber lag sie in Heinrichs Arm,
Allnächtlich zur Zeit der Gespenster.

69

trabi6Wir fuhren allein im dunkeln
Postwagen die ganze Nacht;
Wir ruhten einander am Herzen,
Wir haben gescherzt und gelacht.

Doch als es morgens tagte,
Mein Kind, da staunten wir!
Denn zwischen uns saß Amor,
Der blinde Passagier. 

18

DSCN3691Mit deinen blauen Augen
Siehst du mich lieblich an,
da wird mir so träumend zu Sinne,
Dass ich nicht sprechen kann.

An deine blauen Augen 
Gedenk ich allerwärts; —
Ein Meer von blauen Gedanken
Ergießt sich über mein Herz.

7

2021-04-28-0005hawaii»Warum ich eigentlich erschuf
Die Welt, ich will es gern bekennen:
Ich fühlte in der Seele brennen
Wie Flammenwahnsinn, den Beruf (*).

Krankheit ist wohl der letzte Grund
Des ganzen Schöpferdrangs gewesen;
Erschaffend konnte ich genesen,
Erschaffend wurde ich gesund.«

(*) Hier: die Berufung, die Sendung, der Antrieb.

Ein Weib
(aus: Romanzen)

DSCN2283Sie hatten sich beide so herzlich lieb,
Spitzbübin war sie, er war ein Dieb.
Wenn er Schelmenstreiche machte,
Sie warf sich aufs Bett und lachte.

Der Tag verging in Freud und Lust,
Des Nachts lag sie an seiner Brust.
Als man ins Gefängnis ihn brachte,
Sie stand am Fenster und lachte.

Er ließ ihr sagen: »O komm zu mir,
Ich sehne mich so sehr nach dir,
Ich rufe nach dir, ich schmachte« —
Sie schüttelt‘ das Haupt und lachte.

Um sechse des Morgens ward er gehenkt,
Um sieben ward er ins Grab gesenkt;
Sie aber schon um achte
Trank roten Wein und lachte.

 

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