Toni und Helene

Toni und Helene ist ein neuer deutsch-österreichischer Film, den ich mit meiner Schwester vor 5 Wochen sah. Sehr gelungen; hat mir gefallen. Dann gibt es auch Marianengraben und es gab Sophie, der Tod und ich. In allen drei Filmen ist der Tod, der Ungeliebte, im Hintergrund anwesend. Das Kino und der Tod.

Über den Tod könne man nicht sprechen, meinte schon Augustinus. Doch da er uns alle betrifft, gibt es Zeiten, in denen das Filmschaffen sich ihm widmet — das letzte Tabu, denn vom Sex ist alles gezeigt und an Gewalt hat es nie gefehlt. Damit es unterhaltsam wird, muss ein wenig Humor rein. Oder etwas Absurdität wie in Sophie, der Tod und ich. Wir sind ja so aufgeklärt und haben angeblich alles intellektuell im Griff, also müssen wir so tun, als hätten wir das Lebensende auch durchdacht und ein Rezept dafür. (Oben Yama, der hinduistische Gott des Todes.)

Bei Toni und Helene von Sabine Hiebler und Gerhard Ertl will die alte Schauspielerin Helene (Christine Ostermayer) in die Schweiz, um aus freien Stücken ihr Leben zu beenden. Die lebenslustige Österreicherin Toni (Margarethe Tiesel) steuert deren elegantes Auto Richtung Zürich, und auf der Reise (es ist ein echtes Road Movie) findet Helene wieder ein wenig Geschmack am Leben, die Toni reißt sie mit. In Zürich, an ihrem Zielort, ist gar nicht mehr klar, ob Helene wirklich abtreten will, die Ereignisse überschlagen sich.

Das Thema hatte ja auch Almodóvar in The Room Next Door abgehandelt: Eine Frau will selbstbestimmt ihrem Leben ein Ende setzen, was eine Organisation ermöglicht. Auch hier ein Dialog zwischen zwei Frauen, von denen eine Zuschauerin bleiben und Zeugin werden soll. Doch der Tod wird nie richtig thematisiert, die Dialoge blieben steif und unwirklich; manipogo hat das so gesehen, und es mag andere geben, die den Film toll fanden (etwa das Publikum der Filmfestspiele von Venedig, das bekanntlich 17 Minuten Beifall spendete; und die Jury auch, die ihm den Goldenen Löwen verlieh).

In Marianangraben (da habe ich nur drei Sätze vom Inhalt) trauert Paula um ihren Bruder Tim und trifft auf Helmut, der die Urne sener verstorbenen Ex-Frau ausgräbt, um die Asche in Südtirol zu verstreuen. Paula reist nach Rimini, wo ihr Bruder gestorben ist, um diesem nahe zu sein.

Wir können ja nur Lebende auftreten lassen, wollen wir nicht Geister bemühen, was aber anscheinend im Kino das Vorrecht der Lateinamerikaner ist. Und so wird ein wenig Trauer geschildert und Verwirrung, was aber rasch durch action abgelöst wird, denn das ist das Leben und das Kino, wir wollen uns davontragen lassen. Der mitteleuropäische Mensch glaubt nicht an Geister, also gibt es sie auch im Film nicht. Der Tod wird zum Spaß personalisiert wie im Jedermann von Hugo von Hofmannsthal, und der Geist von Hamlets Vater gehört zum Theater. Wenn man Hamlet aufführen will, braucht es auch den Geist.

Klar, wie ich meine, ist auch der Tatort eine Verarbeitung des Todes. Da stirbt jemand auf gewalttätige Weise, und die Gerichtsmedizinerin sagt etwas über die Todesart, das Opfer durchwaltet schemenhaft den Film, aber dann wenden wir uns dem Täter zu und wieder dem Leben.

Doch vergessen wir nicht, dass jeden Tag auf dieser Welt Menschen sterben und betrauert werden, und viele fragen sich: Wo ist dieser Mensch jetzt? Ist er noch irgendwo oder ist er vom großen Nichts verschluckt worden? (Auf Instagram ein Clip: Nutze jede Stunde, carpe diem, denn sie kehrt nicht wieder, das Leben ist kostbar, denn wenn du weg bist, bist du vermutlich weg, alles schwarz, der Vorhang fällt.) Glaubt, was ihr wollt; wer manipogo liest, weiß mehr darüber.

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