Die Engel der Sünde
Vor fast vier Wochen hatte ich das Filmplakat von Die Engel der Sünde abgedruckt, weil es um Robert Bresson ging, den Regisseur. Deshalb, finde ich, sollte man den Film auch vorstellen, ohne dabei das Ende zu verraten, das ergreifend ist. Wikipedia erwähnt es, aber ganz abstrakt.
Es gibt nicht viele Filme aus und über das Klosterleben. Bresson, der 1943, als er den Film drehte, 41 Jahre alt war, hat den Geist der Abtei eingefangen, wie es zu Beginn im Prolog angekündigt worden war. Und überhaupt der Beginn: Die gütige Äbtissin bespricht sich mit 3 Nonnen, wie sie vorgehen wollen. Der Fahrer wird an der Ecke warten, sie gehen hinein, und wenn alles gutgeht, treffen sie sich am Wagen: als wollten sie eine Bank ausrauben. (Illustration: Träumerei in einer Klosterzelle von Luigi Busi, 1837-1884)
Doch die Nonnen gehen ins Frauengefängnis, um eine Entlassene mitzunehmen, deren Mutter gegen ihren Eintritt ins Kloster ist. Anne-Marie (Renée Faure) aber ist begeistert und voller Hingabe. Sie kümmert sich besonders um Thérèse (Jany Holt), die überraschend eingetreten ist. Allerdings hat sie, was keiner weiß, gerade ihren Peiniger umgebracht. Thérèse gibt sich abweisend und will von den Bekehrungsversuchen Anne-Maries nichts wissen, der sogar vorgewofen wird, sie sei hochmütig in ihrer Demut. Ja, manchmal erhebt man sich in einem Gefühl der Gutheit und gefällt sich so sehr, dass der Vorwurf zutreffend wird.
Natürlich spielt der Film nur unter Frauen und inmitten der strengen Observanz, die sie für ihre Regeln haben. Dennoch zieht einen der Film in seinen Bann, denn er hat einen Spannungsbogen und kreist letztlich um die beiden Ordensschwestern, die sich fremd bleiben: abweisend und pragmatisch ist die eine (Thérèse), werbend und hitzköpfig die andere (Anne-Marie). Doch das Feuer der Liebe Anne-Maries hat vielleicht auf das Herz Thérèses übergegriffen, ohne dass sie es ahnt, und nun braucht es eine dramatische Wendung, damit sie dies bekennt …
Robert Bresson drehte diesen Film, als Frankreich 1943 von den Deutschen besetzt war. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit dem Dramatiker Jean Giraudoux und dem Dominikanerpater Raymond Leopold Bruckberger. Man weiß ja, dass Nonnen und Mönche — wohl bedingt durch den geregelten Tagesablauf im Kloster, einen klaren Lebenssinn und ihren Glauben — sehr alt werden. Es gibt eine Studie, die erbrachte, dass Nonnen keinerlei Anzeichen von Demenz aufwiesen, auch wenn ihre Gehirne, wie später Autopsien zeigten, schwer geschädigt waren.
Die Hauptdarstellerinnen sind auch ziemlich alt geworden. Renée Faure lebte von 1919 bis 2005, Sylvie (die Priorin) von 1883 bis 1970, Mila Parély (Madeleine) von 1919 bis 2012 und Jany Holt von 1909 bis 2005. Robert Bresson starb in Paris drei Monate nach seinem 98. Geburtstag.
Illustration Mitte: aus dem besprochenen Film; unten: Ausschnitt aus dem Gemälde Die Novize von Otto Friedrich Wolf (1855-1940).
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