Liebevoll und unendlich gütig

Rachel Remens Buch Die Segnungen meines Großvaters las ich kürzlich wieder ganz durch. Wie ich schon sagte, sind alle Beiträge darin inspirierend; sie sind nicht allzu lang, man kann immer einen vorlesen und jemanden damit beschenken. Das Buch (deutsch: Aus Liebe zum Leben) ist so gut, dass ich es allen schenken möchte, die mir am Herzen liegen.

Rachel Remen hat auch eine Homepage, aber mittlerweile ist sie 87 Jahre alt, und wir wissen nicht, in welchem Zustand sie ist. Doch sie hat uns viel gegeben. Immer wieder kommt sie auf den Segen zurück. Wir sollten das Leben segnen, das Leben mit seinem Mysterium, das selber lebt und unergründlich ist. Für Rachel ist das Leben ein Synonym für das Göttliche, für das Spirituelle. Sie ist bei allem sehr bodenständig, doch eine Stelle mit Paranormalem habe ich gefunden. Wir denken dabei an all die Hospiz-Mitarbeiterinnen, die Sterbende begleiten. (Freilich, Rachel Remen hat 20 Jahre Krebskranke beraten, es geht viel um Kranke, das kann einen ein wenig runterziehen.)

Einmal leitete sie das Seminar Medizin und das Mysterium, an dem 50 Ärzte und Ärztinnen teilnahmen. Während zweier Stunden erzählten sie sich Geschichten. Ein älterer Arzt erinnerte sich an den Tod seiner Schwester 20 Jahre zuvor. Sie hatte Leukämie. Sie lag mit geschlossenen Augen und atmete ruhig, er las.

Er hatte etwa eine Stunde lang gelesen, als seine Schwester ihn plötzlich mit der Hand am Arm berührte. Er blickte auf und sah, dass ihre Augen offen waren und vor Erregung glänzten. Sie starrte auf die leere Wand. »Sam«, sagte seine Schwester, »sieh doch! Da steht jemand! Jemand ist gekommen! Kannst du ihn sehen, Sam?«
Also hatte er das Buch geschlossen und ebenfalls die Wand angeschaut. »Ich konnte überhaupt nichts sehen«, erzählte er uns später, »aber ich konnte es spüren. Da war tatsächlich etwas im Raum, eine Präsenz, die zutiefst liebevoll und unendlich gütig war.« Er hatte nie zuvor etwas Ähnliches erfahren. Er fühlte, wie sein Herz dazu hingezogen wurde, so als hätte dieses Etwas davon Besitz ergriffen. Zutiefst berührt, ergriff er die Hand seiner Schwester. Einige Sekunden vergingen, und dann wusste er einfach, dass er Arzt werden würde. Nachdem seine Schwester gestorben war, war er zur Universität zurückgekehrt, hatte sein Hauptfach gewechselt und auf Medizin umgesattelt. Die Gruppe saß schweigend da und wartete auf mehr, doch der Doktor hatte nichts mehr zu sagen.

Später, im Gespräch mit Rachel, rückte er etwas von seiner letzten Aussage ab. Er habe blitzartig gewusst, dass er schon immer Arzt gewesen sei. Wer immer in seiner Schwester Willen gekommen sei, sei auch für ihn gekommen: »Es fühlte sich an wie eine Art von Heilung, eine Rückkehr zu meinem wahren Selbst.« Ob Medizin eine spirituelle Disziplin sei? fragten manche. Ja, und dann munkelt Rachel Remen über Dinge, die die Wissenschaft nicht erklären kann und doziert:

Alles Leben trägt die Dimension des Unbekannten in sich.

Damit aber verkleinert man das, was der Arzt erlebte; es wird umgemünzt zu einer Bekehrung zum heiligen Arzttum. Doch wir wissen ja: Ärzte erklären gern weg, was nicht in ihr Konzept passt. Es ist ja nichts dabei: Sterbende werden von Engeln oder verstorbenen Angehörigen abgeholt, und die »Präsenz« ist nicht etwas Seltsames, Unbekanntes, sondern ein Abgesandter der Geistigen Welt, mit der man gern Heilungen in Zusammenhang bringen könnte. Rachel betet auch gern, aber sie wagte sich in ihrem Buch nicht weit genug aus der Deckung, aber es ist ihr verziehen, sie hat die Episode ja erwähnt.

 

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