Braun bin ich. Schwarz bin ich
Das Hohelied Salomos sollte man öfter lesen. Es sind nur ein paar Seiten, aber voller Erotik, und in der Bibel stehen bleiben durfte der Text, weil im übertragenen Sinn mit SIE Jerusalem oder das Volk Israels gemeint war und mit ER der Herr. Ich zitiere nur ein paar Zeilen daraus.
Nach der Einleitung lesen wir (in der Einheitsübersetzung 1980):
Schwarz bin ich, doch schön, / ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte von Kedar, / wie Salomos Decken. / Schaut mich nicht so an, / weil ich so schwarz bin! / Die Sonne hat mich verbrannt. Meiner Mutter Söhne waren mir böse, / ließen mich Weinberge hüten; / meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.
In der Einheitsübersetzung 2018 heißt es:
Braun bin ich, doch schön … Schaut mich nicht so an, / weil ich gebräunt bin.
So oder so, eine dunkelhäutige Frau. Nicht so gern gesehen, denn die edle Dame bleibt im Schatten und zeichnet sich durch helle Gesichtfarbe aus. Diese zeigt, dass die Dame nicht zu arbeiten genötigt ist, und das blieb 2500 Jahre so.
Im Parzival, geschrieben gegen 1220, wird noch eine dunkelhäutige Königin erwähnt, Belacâne. Als swarze Moerinne wird sie geschildert, und Gahmuret berichtete: »Dunkel wie die Nacht, / waren diese Lute in Zazamanc.« Belacâne ist natürlich Heidin, aber auch Königin. Eine Beziehung wäre möglich, aber Gahmuret fühlt sich fremd und reist ab.
In den USA wurde von 1861 bis 1865 der Sezessionskrieg ausgetragen. Die Nordstaaten bwsiegten die Südstaaten, und am 31. Januar 1865 wurde die Sklaverei verboten. 100 Jahre später war die Segregation (die Trennung im Alltag zwischen Schwarz und Weiß) soeben abgeschafft, und im August 1965 wurde beschlossen, dass Schwarze wählen dürfen (detailliert hier). Ein langer Weg. Dann, lange Jahre später, wurde Barack Obama Präsident, und allgemeiner Optimismus herrschte.
Doch jetzt will Präsident Donald Trump das alles weghaben. Er greift auf die Kultur zu, verbietet Inklusions-Programme und ist natürlich auch gegen Aktivitäten schwarzer Künstler. Die 100 Millionen US-Bürger, die ihn gewählt haben, will das anscheinend. Ihre Welt soll wieder so sein wie vor 100 Jahren. Der weiße Mann soll unangefochten seine Kreise ziehen dürfen: Vorrang für die »Stupid White Men« (ein Buchtitel von Michael Murphy).
Von weißer Hautfarbe sind nur 20 Prozent der Weltbevölkerung. Weiße fielen bereits um 1500 über den südamerikanischen Kontinent herein, und vor 150 Jahren ging es nach Afrika und Asien, Millionen Menschen starben, Reichtümer wanderten nach Europa, das nun seine Grenzen dichtmachen will, um die Nachkommen der ehemals Kolonisierten fernzuhalten. Die Ureinwohner wurden (in Australien und Nordamerika) besiegt, man nahm ihnen das Land weg (das zu besitzen sie nie behauptet hatten; das taten die Weißen hinterher) und unterjochte sie gnadenlos.
Hat je jemand für dieses gewaltige weltweite Unrecht bezahlt? Es gab freilich halbherzige Versuche, Entschädigungen zu leisten und das Getane anzuerkennen. In den Vereinigten Staaten waren die Bürger schwarzer Hautfarbe immer unterrepräsentiert und mussten stets um ihre Anerkennung kämpfen. Wunderbare SchauspielerInnen und AutorInnen, doch dann auf den Straßen und in den Slums arme Schweine, die von der weißen Polizei gnadenlos niedergeknüppelt wurden.
Und nun sollen sie wieder Bürger zweiter Klasse sein? Es sind nur die Behörden, die das wollen: die Trump-Administration. Millionen gehören dazu. Anthony Bourdain hat in der Filmreihe Parts Unknown immer wieder Amerikaner zu Wort kommen lassen, die aus Südostasien, dem Orient oder Mexiko kamen, und fast alle fühlten sich wohl, waren »integriert«, wie man heute sagt. Ds ist eben Amerika, das ist sein Reiz.
Wir wollen, solange Trump regiert, in der Mehrheit schwarze Autorinnen und Autoren zu Wort kommen lassen.
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