Seele und Leib bei Heine (8)

Leib und Seele, da fiel mir ein humoristisches Gedicht von Heinrich Heine ein, das er wohl während seiner Matratzengruft verfasste. Sieben Jahre war er in Paris ans Bett gefesselt, er ahnte sein Ende und hoffte, dass es seiner geliebten Mathilde, der »mouche«, gut ergehen werde. Am 17. Februar 1856 ist Heinrich »Harry« Heine in Paris gestorben. Sein Nachruhm war groß. Mit seinem Humor und Spott war Harry zeitlos.

Leib und Seeler

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Die arme Seele spricht zum Leibe:
»Ich laß nicht ab von dir, ich bleibe
Bei dir – ich will mit dir versinken
In Tod und Nacht, Vernichtung trinken!
Du warst ja stets mein zweites Ich,
Das liebevoll umschlungen mich,
Als wie ein Festkleid von Satin,
Gefüttert weich mit Hermelin –
Weh mir! jetzt soll ich gleichsam nackt,
Ganz ohne Körper, ganz abstrakt,
Hinlungern als ein sel’ges Nichts
Dort oben in dem Reich des Lichts,
In jenen kalten Himmelshallen,
Wo schweigend die Ewigkeiten wallen
Und mich angähnen – sie klappern dabei
Langweilig mit ihren Pantoffeln von Blei.
Oh, das ist grauenhaft; o bleib,
Bleib bei mir, du geliebter Leib!«

Der Leib zur armen Seele spricht:
»O tröste dich und gräm dich nicht!
Ertragen müssen wir in Frieden,
Was uns vom Schicksal ward beschieden.
Ich war der Lampe Docht, ich muß
Verbrennen, du, der Spiritus,
Wirst droben auserlesen sein,
Zu leuchten als ein Sternelein
Vom reinsten Glanz – Ich bin nur Plunder,
Materie nur, wie morscher Zunder,
Zusammensinkend, und ich werde,
Was ich gewesen, eitel Erde.
Nun lebe wohl und tröste dich!

Vielleicht auch amüsiert man sich
Im Himmel besser, als du meinst.
Siehst du den großen Bären einst
(Nicht Meyer-Bär) im Sternensaal,
Grüß ihn von mir vieltausendmal!«

Und später:

Ich kann es nicht vergessen,
Geliebtes, holdes Weib,
Dass ich dich einst besessen,
Die Seele und den Leib.

Den Leib möchte ich noch haben,
Den Leib, so zart und jung.
Die Seele, die könnt ihr begraben,
Hab selber Seele genug.

Ich will meine Seele zerschneiden,
Und hauchen die Hälfte dir ein
Und will dich umschlingen, wir müssen
Ganz Leib und Seele sein.

 

Von Heine gibt es wenige Bilder aus der Matratzengruft. Eines hat Charles Gleyre (1806-1874) gezeichnet, oben rechts.

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