Die ersten Mönche und Nonnen
Hans Jonas schreibt klug über die Gnosis, und ich studierte ein wenig, was Mani (216-276) lehrte, der persische Begründer des Manichäismus. Er war ein strenger Asket, seine Auserwählten durften sich kaum bewegen. Ich dachte an den heiligen Benedikt und die Klöster und wollte die Mani-Jünger als Vorläufer der christlichen Mönchen sehen. Aber so einfach ist das nicht.
Was ich an einem Abend recherchierte, könnte auch ein Forschungsprojekt für 3 Jahre sein, wenn man Institutionen findet, die einem das bezahlen. Also machen wir das schneller. Und ich zeige den Weg meiner Forschung auf.
Am Anfang stand ein inhaltsreicher Satz von Jonas:
Allerdings ist der volle Rigorismus der manichäischen Ethik einer besonderen Gruppe vorbehalten, den »Electi« (Erwählten) oder »Wahrhaftigen«, die ein – womöglich nach dem Vorbild des buddhistischen Mönchstums gestaltet – mönchisches Leben von außergewöhnlicher Askese geführt haben müssen, das gewiss einen starken Einfluss auf die Herausbildung des christlichen Mönchstums entfaltet hat.
Das wollte ich nachweisen. Benedikt wurde 480 in Nursia geboren (Norcia auf Italienisch) und starb in Montecassino 547 (oder 560). Wir sehen ihn links im Bild. Im Jahr 540 stellte er die Regula Benedikti auf, die berühmte Ordensregel der Benediktiner mit dem Spruch Ora et labora (bete und arbeite). Aber schon vor 529, als er in einer Grotte bei Subiaco lebte, leitete er eine Eremitengemeinschaft (eigentlich ein Widerspruch in sich) und gab ihr die Regeln des Pachomius. Nun gehen wir in der Zeit zurück.
Pachomius wurde 287 in Oberägypten geboren (rechts im Bild), war Soldat in der römischen Armee, trat aus, liess sich taufen und schloß sich der Einsiedler-Schule von Palaemon an. Er gründete 320 am rechten Nilufer das Kloster Tabennisi, das erste christliche Kloster. Ein Engel soll ihm die Ordensregeln überbracht haben. Pachomius gründete 9 Klöster mit 9000 Mönchen sowie zwei Frauenklöster. Anscheinend wurde er von Palaemon beeinflusst (das mit dem Engel ist die übliche Legende). Wer war das?
Das sagt uns das Ökumenische Heiligenlexikon, das ich (im Internet) für die Recherche herangezogen habe. Palaemon war ein Einsiedler-Abt und starb im 4. Jahrhundert, mehr weiß man nicht. Weiter im Westen liegt das Rote Meer, und Persien ist noch ein paar tausend Kilometer weg. Die Gnostiker waren Konkurrenten des Christentums, und der Manichäismus hatte sich um 300 unserer Zeitrechnung sehr verbreitet; also nicht unwahrscheinlich, dass die Askese der »Electi« in Ägypten Anklang fand.
Doch dann sah ich die Formulierung Jonas‘ »womöglich nach dem Vorbild des buddhistischen Mönchstums« und informierte mich. Siddharta Gautama Buddha lebte um 500 vor Christus, und seine Lehrreden wurden als der Pali-Kanon erstmals um 80 vor Christus bei Matale in Sri Lanka niedergelegt. Der Kanon ist die Grundlage des Theravada-Buddhismus, der in Thailand gilt.
Buddha erfand das Mönchstum, Sangha genannt. Im Viraya Pitaka, gehörend zum Pali-Kanon, sind 227 Regeln für die Mönche und 311 für die Nonnen niedergelegt. (Immer haben es die Frauen schwerer!) Die sino-japanische Version heißt Patimokkha und kennt 250 Mönchsregeln und 350 Nonnenregeln.
Halten wir also fest: Schon 300 Jahre vor Mani gab es buddhistische Mönche und Nonnen. Es gab ja Wandermönche, und in den 300 Jahren werden vielleicht ein paaar von ihnen die rund 2000 Kilometer zwischen Indien und Persien zurückgelegt haben. Jetzt wissen wir mehr. Sicher haben einige Forscher das schon längst dargelegt, aber in 2 Stunden das selber zu recherchieren, macht einen stolz. Mit der Künstlichen Intelligenz geht es sicher schneller (Frage: Geschichte des Mönchstums), aber man hat’s dann nicht richtig im Hirn.
Die Bilder sind Darstellungen aus dem Ökumenischen Heiligenlexikon.
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