Monatsarchiv für Juni 2020

Leere/Weite

Dienstag, den 30. Juni 2020

Da gibt es ein großartiges Foto, das ich in Oberschlesien gemacht habe: ein Feld in der Abendsonne, leer, leer. Leer von was? Das Nichts gibt es nicht, alles ist voll Leben; wir brauchen zwar Trubel und Bewegung und Input, aber dann auch Weite, Frieden, Stille, um unser Bewusstsein fliegen lassen zu können, und wir sind […]

Leere Mitte

Montag, den 29. Juni 2020

Die Umgehungsstraße um Staufen herum wird gerade gebaut, der Kreisel im Süden ist schon fertig, in der Mitte sieht man breit und platt eine Aufschüttung wie ein Hügelgrab, und dahinter zittert wie eine Fata morgana etwas von Staufen, und der Schlossberg ist richtig klein. Der Kreisel ist viel größer, als er sein müsste, die Straßen […]

Affen im Weltraum

Sonntag, den 28. Juni 2020

Warum Affen im Weltraum? Gegenfrage: warum nicht? Der Journalist zum Beispiel muss sich diese Gegenfrage verkneifen; er muss wissen warum, er braucht einen Anlass (ein Ereignis oder ein Jubiläum, was ja auch nur ein Pseudo-Anlass ist und der oberflächlichsten einer). Man könnte auch über Affen schreiben, indem man schreibt, warum man über Affen schreibt, und […]

Viele Grüns

Samstag, den 27. Juni 2020

Al-Khadir ist eine Sagengestalt im Islam, der Grüne, denn grün heißt auf Arabisch achdaru (chadrau in der weiblichen Form). Grün, grün, grün sind alle meine Kleider, weil mein Schatz ein Jäger ist. Das Gedicht Verde che te quiero verde von García Lorca. Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühn! (My Fair Lady) Nach Pfingsten […]

Pech

Freitag, den 26. Juni 2020

Zum ersten Mal etwas von Adalbert Stifter gelesen (1805-1868): die Erzählung Granit. Und gleich trat mir eine Geschichte entgegen, die ich abtippen muss. Der Großvater erzählt sie seinem Enkel, der traurig war, weil er Pech an den Füßen gehabt hatte, klebriges Pech, heute als Wagenschmiere bekannt, die ihm der Pechbrenner verabreicht hatte. Von dem schwarzen […]

Der Vater eines Mörders

Donnerstag, den 25. Juni 2020

Der Titel ist der einer Erzählung von Alfred Andersch, die erst 1980 erschien, kurz nach seinem Tod. Der Autor dachte an seine Kindheit in München und vor allem an seine Schulzeit im Wittelsbacher Gymnasium. Der furchteinflößende Direktor, kurz Rex genannt (König, lateinisch), besucht eine Griechisch-Stunde und demütigt den vermeintlich faulen Schüler, der in der Erzählung […]

Der Musterjude

Mittwoch, den 24. Juni 2020

Den Roman Der Musterjude von Rafael Seligmann (1999 veröffentlicht) hätte ich lesen sollen, ja müssen, heißt doch der Protagonist Manfred, ist Münchner und macht Karriere im Journalismus … Meine Nachbarin erzählte, als sie den Roman vor sich hatte, habe sie die Worte »Manni kommt« gelesen, und ich bog mit meinem Fahrrad um die Ecke. Manni […]

Anbrandendes Licht

Dienstag, den 23. Juni 2020

»Einfallendes Licht« hätte ich es gern genannt, doch das hatte ich schon mal, in der manipogo-Frühzeit. Dieses Licht, das plötzlich alles überschwemmt, das hereindrängt und sich an die Stelle der Szene setzen will … Viele erzählen vom Eintritt in ein weißes Reich nach dem Leben, in dem das Licht jedoch weder blendet noch bedrängt, eher […]

Seide

Montag, den 22. Juni 2020

Das schmale Buch Seide von Alessandro Baricco war ein Weltbestseller, liest man. In 32 Sprachen übersetzt. Ich bekam es zufällig in der Hand und las es in zwei Stunden. War auch bezaubert und will auf manipogo etwas dazu sagen. Das Buch ist symbolträchtig, aber gleichzeitig kommen einen Zweifel an, ob man etwas darüber sagen kann. […]

Citrinitas

Sonntag, den 21. Juni 2020

Gar nicht so einfach, einen Beitrag mit Gelbfärbung zustande zu bringen. Da musste ich schon gründlich suchen, doch ein paar gelbe Autos, Häuser, Kleider hat man immer mal fotografiert. Gelbfärbung oder Citrinitas ist im Großen Werk der Alchimisten die Vorstufe des Höhepunkts, dem Rubedo, denn Rot ist natürlich der Endpunkt und der Stein der Weisen. […]